Historischer Hintergrund:
Am 24. April 1879 feierten Kaiser Franz Joseph I. und seine Gemahlin Elisabeth ihre silberne Hochzeit. Aus diesem Grunde wurde ein Festzug vom Prater über die Aspernbrücke bis zur Ringstraße veranstaltet.
Hans Makart, Professor der Spezialschule für Historienmalerei, wurde beauftragt diesen Festzug zu gestalten. In diesem Zug waren auch Festwagen, die der Jagd gewidmet waren, dabei.
Josef Schantl, Solohornist der K.u.K. Hofoper, wurde beauftragt für die beiden Jagdwagen eine Jagdmusik aufzustellen. Da zu diesem Zeitpunkt noch keine vierstimmigen Jagdfanfaren bekannt waren, komponierte Josef Schantl die benötigten Fanfaren für die damals verwendeten Dampierrehörner in Es. In diesem Quartett spielten neben Josef Schantl auch Anton Wunderer, Emil Wipperich und Franz Pichler, welche allesamt Mitglieder der K.u.K. Hofoper (heute die Wiener Staatsoper) waren.
Die Gründerzeit:
Angeregt durch den Makartfestzug und dem großen Erfolg des Quartetts, entstand die Idee 1883 bei Josef Schantl den „Ersten Wiener Hornistenclub“, einen Vorläufer des Wiener Waldhorn Vereins, zu gründen.
Gründungsmitglied war unter anderem auch Johannes BRAHMS, selbst Hornist und strikter Verfechter des Naturhorns, der auch aktiv im Verein wirkte.
Damit begann auch die große Zeit der Originalkompositionen für Hornquartett und Hornensemble, in der sich Josef Schantl, aber besonders Anton Wunderer einen großen Namen machte.
Josef Schantl: 1. Reihe, 4. von links; Johannes Brahms: 2. Reihe 4. von links
Die Anfangsjahre:
Wurde der „Erste Wiener Hornistenclub“ anfänglich noch „zum Zwecke der Geselligkeit und Pflege des Waldhorns“ gegründet, erkannte man jedoch sehr bald, dass im Wien Ende des 19., Anfang des 20.Jahrhunderts auch die musikalische Qualität unabdingbar war, für das weitere Bestehen der Vereinigung zwischen anderen zahlreichen Ensembles, wie etwa den Wiener Philharmonikern oder der Johann Strauß Capelle.
Damals wie heute bestand der Verein aus Berufshornisten, Studenten und Amateuren. Um aber alle Mitglieder auf ein gleich hohes Niveau bringen zu können, verfasste Josef Schantl, seit 1883 auch Professor am Wiener Konservatorium (heute Konservatorium Wien Privatuniversität), eine 4-bändige Hornschule, welche bis heute, und nicht nur in Wien, fixer Bestandteil der Ausbildung von Hornisten/innen blieb.
In den Jahren bis zum ersten Weltkrieg wurden unzählige Konzerte gegeben, welche großen Anklang bei Publikum als auch Kritikern fanden.
Es fanden „Zwei Übungsabende“ pro Woche statt und die Mitgliederzahl stieg kontinuierlich. Erst der Beginn des ersten Weltkrieges unterbrach die Vereinsarbeit. Nach Ende des Weltkrieges wurde die Arbeit des mittlerweile mehrmals umbenannten Vereins wieder aufgenommen.
Die Zwischenkriegszeit und der Zweite Weltkrieg:
In diesen wohl sehr schwierigen Jahren, fand sogar eine kleine Konzertreise statt und einige andere Konzerte. Sonst dürfte sich die konzertante Tätigkeit hauptsächlich auf die Gestaltung der traditionellen St. Hubertusmesse im Lainzer Tiergarten beschränkt haben, da aus dieser Zeit (anders als in den Jahren davor) keine Berichte über Konzerte mehr auffindbar sind.
Die politischen Umstände ab 1935, erschwerten die Vereinsarbeit immer mehr. Auch musste der Vereinsname abermals geändert werden, um unter Zwang den beginnenden politischen Wirren Rechnung zu tragen.
Nur dem unerbittlichen, starken Willen von Hofrat Ing. Karl Hugo Pusch und Rudolf Huber ist es zu verdanken, dass der Verein trotz „Führererlass“ welcher die Auflösung aller Vereine befahl, bis ins Frühjahr 1945 weiter bestehen konnte.
Auch der Umstand, dass (wahrscheinlich) Richard Wagner das Horn „als das deutscheste aller Instrumente“ bezeichnete, war vermutlich mit ein Grund der Duldung und man bekam eine Förderung durch den Reichsgau Wien.
Die musikalischen Tätigkeiten des Vereines beschränkten sich auf Begräbnisse von im Krieg gefallenen Kollegen und kleine Gedenkfeiern im Kreise der Mitglieder.
Erst als im Frühjahr 1945 das Vereinslokal durch einen Bombentreffer zerstört wurde, und das gesamte Notenarchiv und die historischen Instrumente unter dem Schutt begraben war, musste die Vereinsarbeit unterbrochen werden.
Die Nachkriegszeit, wie Phönix aus der Asche:
Als nach Ende des Krieges die ersten Mitglieder heimkehrten, machten sich diese auf, Noten und Instrumente aus dem Schutt zu graben. Bereits 1946 konnte die Probenarbeit, unter widrigsten Umständen, wieder aufgenommen werden. 1951 wurden die neuen Statuten verfasst, und der Name in Wiener Waldhorn Verein geändert. Die nächsten Jahre waren von einem deutlichen Aufschwung gezeichnet, auch weil sich wieder vermehrt Berufshornisten dem Verein anschlossen. Eine rege Konzerttätigkeit konnte im Vereinsarchiv verzeichnet werden. Höhepunkte dieser Epoche waren mehrere Konzerte im Rundfunk (ORF) und die erste Schallplatten Aufnahme im Jahr 1969 in Zusammenarbeit mit Decca (für die Insider, es war eine Black Decca Produktion).
Ein weiterer Höhepunkt war die Teilnahme am 1. Internationalen Blechbläserkongress 1976 in Montreux, der u.a. von der International Horn Society veranstaltet wurde. Das Konzert des WWV erregte große Aufmerksamkeit und reges mediales Interesse auch unter der international vertretenen Hornwelt.
Ebenfalls wurde zu dieser Zeit der WWV Publishing Company gegründet, um das mittlerweile imposante Notenarchiv des Vereins, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Im Jahr 1983, zum 100-jährigen Jubiläum, veranstaltet der WWV unter der Präsidentschaft von Dr. Siegfried Schwarzl (Wiener Staatsoper) ein Hornsymposium im Wiener Konzerthaus unter der Patronanz des damaligen Wiener Bürgermeisters Dr. Helmut Zilk. Neben Dr. Schwarzl machte sich auch vor allem Erhard Seyfried (RSO Wien, langjähriger musikalischer Leiter des WWV, Komponist) in dieser Epoche um den Verein verdient. Anlässlich dieses Jubiläums, wurde eine zweite Schallplatte produziert, welche von Karl Löbl (ORF Kultur) als „musikalische Besonderheit“ präsentiert wurde. Das Symposium wurde ein überragender Erfolg und erhielt national als auch internationales Echo. Auch in den nächsten Jahren ruhte der Verein nicht, weitere Schallplatten wurden produziert, Teilnahmen an internationalen Horntagungen (z.B. München, Innsbruck…) folgten.
Wiener Waldhorn Verein im Theresianum Wien, April 2007
Der Wiener Waldhornverein heute:
Mit seiner nunmehr 130-jährigen Geschichte ist der WWV die älteste Vereinigung von Hornisten weltweit. (zum Vergleich, die International Horn Society wurde 1970 gegründet). In den letzten Jahren fand eine Verjüngung des Vereins statt, welche sich abermals auf die Qualität des Ensembles auswirkte. Die meisten aktiven Mitglieder sind heute Studenten der Wiener Musikuniversitäten & Musikschulen, Berufsmusiker aus eigentlich allen großen Wiener Orchester und nach wie vor, der alten Tradition entsprechend, Hobby und Amateur-Hornisten.
Höhepunkte der letzten Jahre, waren gemeinsame Konzerte mit dem Tokio Wienerhorn Verein und den Scottish Vienna Horns im Musikverein Wien, und ein Festkonzert anlässlich des 20jährigen Jubiläums des Japanisch-Deutschen Horn-Clubs im alten Bibliothekssaal des Thersianums Wien, ein Auftritt im großen Saal des Wiener Konzerthauses, Konzerte in der Schubertkirche Wien, und ein Konzert vor der imposanten Kulisse des Stifts Rein.
WWV im großen Saal des Wiener Konzerthauses |
Japanisch-Deutsche Horn Club & Wiener Waldhorn Verein im Theresianum, April 2007
Konzert im Stift Rein, Juni 2007
Die drei Vereine gemeinsam im Gottfried von Einem Sal im Musikverein Wien
Tokio Wienerhorn Verein | Scottish Vienna Horns |
Eine, ausnahmsweise, nicht musikalische Neuerung, fand im Jahr 2005 statt, als der Verein um eine Fussballmannschaft, dem FC WWV, erweitert wurde.
Alle Infos zum FC WWV finden sie hier.